Zoll und Abgaben

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Grundsätzlich

Grundsätzlich gilt:

  • Sitzt der Versender in der EU ist für Privatpersonen alles harmlos. Der Versender zahlt die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) in seinem Land und fertig. Der Zoll kommt gar nicht ins Spiel.

Der Rest dieses Wiki-Eintrags beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Versand aus dem nicht-EU Ausland.

  • Der Zoll ist nicht doof und kennt die gängigen und weniger gängigen Tricks. Das ist deren Job. Da sind die gut drin.
Wenn ein asiatischer Versender auf ein Paket in der Zollerklärung "Geschenk, Wert $40" schreibt, dann ist es fast sicher, dass sich der deutsche Zoll das genauer ansieht. Ebenso glaubt der Zoll nicht an kostenlosen Versand und nimmt regelmäßig ziemlich saftige Versandgebühren an, die dann versteuert werden. Passiert das, und kann man die echten Kosten nachweisen, kann man gegen den Steuerbescheid Widerspruch einlegen. Wie das geht sollte in einer Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Steuerbescheid stehen.
  • Unterlagen, Mails, etc. gut durchlesen und entsprechend handeln. Wegschauen, den keinen Doofen spielen, ignorieren usw. hilft nicht.

Kosten

Bei einem Angebot aus dem Ausland (besonders Nicht-EU) sollten folgende Kosten auf jeden Fall mit einkalkuliert werden:

  • Einfuhrumsatzsteuer
Vereinfacht ausgedrückt dass Äquivalent zur Mehrwertsteuer das bei der Einfuhr anfällt [1]
  • Einfuhrzoll
Hängt von der Warenart ab und ist in der EU einheitlich in der TARIC-Liste geregelt [2]. Die gute Nachricht ist, dass viele für den Bastler interessante Waren einen niedrigen Zollsatz oder sogar gar keinen haben.
  • Bankgebühren (Währungsumrechnung, Kreditkartengebühren, Transfergebühren)
Beliebter Beschiss eines Marktplatzes mit eigenem Zahlungsdienst: Auf dem Marktplatz werden unverbindliche "ca." Umrechnungskurse verwendet, die "zufälligerweise" immer günstiger sind als die Umrechnungskurse, die der eigene Zahlungsdienstleister nur Sekunden später verwendet.
Beliebte Falle bei Kreditkarten: Es wird mit einer günstigen prozentualen Gebühr für die Währungsumrechnung geworben, die aber wegen einer saftige Mindestgebühr gar nicht zum Tragen kommt.
  • Versandgebühren (Versand, Zollpapiere)
  • Bearbeitungsgebühren, Servicegebühren des Kurierdienstes
Kurierdienste schlagen diese Gebühren nachträglich für fiktive oder reale Tätigkeiten drauf. So zum Beispiel dafür, dass sie eine Sendung vorgeblich oder wirklich beim Zoll zur Abfertigung vorstellen und die entsprechenden Papieren vorgeblich oder wirklich ausfüllen.
Einige Kurierdienste sind für ihre extrem hohen Gebühren berüchtigt. Darunter zum Beispiel alle, die ihre Einfuhr in Deutschland durch die GDSK erledigen lassen, wie zum Beispiel EMS China oder manchmal FEDEX.
Eigentlich ist es so, dass ein Kurierdienst vom Empfänger mit der Verzollung beauftragt werden muss, sonst kann er sich die Gebühren in die Haare schmieren. In der Praxis wird das manchmal noch ignoriert. Alternativ versuchen manche Kurierdienste den Kunden dadurch unter Druck zu setzen, dass sie eine entsprechende Benachrichtigung mit der Bitte um Auftragserteilung extrem spät versenden. So hat der Kunde praktisch keine andere Wahl hat, als den Auftrag zu erteilen oder es entstehen zusätzliche Lagergebühren oder die Ware geht zurück.
Wer solche Gebühren vermeiden möchte kann unter Umständen eine Selbstverzollung durchführen, die allerdings einige Mühe macht. Das funktioniert natürlich nur, wenn man genug Zeit hat, siehe oben. Allerdings haben Kurierdienste neben der späten Benachrichtigung noch einen Trick auf Lager
    • Gebühr für die Übergabe zur Selbstverzollung
Sie kassieren also dafür, dass sie eine Leistung nicht erbringen.
Eine Sonderregelung gibt es bei der Post, aber nicht für alle Teile des Postkonzerns. Die Post berechnet bei per "echter" Post versendeter Waren keine Gebühren für die Vorführung zur Verzollung. Der zur Post gehörende Kurierdienst DHL Express berechnet seit dem 1.6.2014 eine Kapitalbereitstellungsprovision von 2%, mindestens 10€.

Das sind aber noch nicht alle Kosten, die anfallen können. Im schlimmsten falls entstehen z.B. noch

  • Zollkosten durch Amtshandlungen oder Lagerung.
Schon deshalb sollte man auf Schreiben oder andere Nachrichten unverzüglich reagieren.

Checkliste

Checkliste für den Kauf im Ausland:

  • Artikelbeschreibung genau lesen
  • ist der Import überhaupt legal (Plagiat, Konformität) bzw. anmeldepflichtig
  • Einfuhrabgaben, z.B. Einfuhrumsatzsteuer
  • Zollgebühren (basieren auf der )
  • Bankgebühren (Währungsumrechnung, Transferkosten)
  • Versandkosten (bzw. was der Zoll bei kostenlosem Versand veranschlagt)
  • Versandart und Dienstleister (hat großen Einfluss auf den Zolldurchlauf, ggf kassiert der Dienstleister die Gebühren einfach bei Lieferung an der Haustür)

Praktisches

Post - aber nicht DHL Express

Die Post genießt bei der Einfuhr einige Sonderrechte, im Gegensatz zu Kurierdiensten. Daher kann es von Vorteil sein, Waren mit der Post versenden zu lassen.

Unter anderem darf die Post selber entscheiden, ob eine Sendung dem Zoll vorgeführt werden muss oder nicht. Wenn entschieden wurde eine Sendung nicht dem Zoll vorzuführen erhält sie einen grünen Aufkleber

Von zollamtlicher Behandlung befreit - Deutsche Post <Name des Postamts>

und wird einfach zugestellt.

Führt die Post eine Sendung beim Zoll vor, und können die entsprechenden Abgaben bestimmt werden, dann kassiert die Post diese Abgaben für den Zoll bei der Auslieferung der Sendung an der Haustüre. Dafür berechnet die Post keine Gebühren.

Führt die Post eine Sendung beim Zoll vor, und die entsprechenden Abgaben können nicht bestimmt werden, weil zum Beispiel keine glaubhafte Rechnung vorliegt, übergibt die Post die Sendung an ein Zollamt. Im Gegensatz zu Kurierdiensten, bei denen die Sendungen immer beim nächsten Zoll am Einfuhrort (Flughafen, Seehafen) landet, ist dies das dem Empfänger nächste Zollamt. Die Sendung kommt also schon mal halbwegs in die richtige Richtung und bleibt im Gegensatz zu Kurierdiensten nicht am Flughafen oder im Hafen liegen.

In diesem Fall erhält man von der Post eine Aufforderung entsprechende Unterlagen beim Zollamt einzureichen. Früher ging das nur im Zollamt bei der Abholung der Sendung. Mittlerweile kann man das bei vielen Zollämtern auch per Post oder Mail machen - auch wenn die Aufforderungen nicht immer einen entsprechende Information enthält.

Macht man es persönlich zahlt man direkt und nimmt die Sendung mit. Macht man es per Post oder Mail, dann übergibt der Zoll nach der Berechnung der Abgaben die Sendung wieder der Post. Die Post stellt die Sendung zu und kassiert die Abgaben an der Haustür - ohne zusätzlich Gebühren zu verlangen.

Seit dem 1.6.2014 hat die Post für ihre Kurierdiensten-Tochter DHL Express eine versteckte Gebühr für die Verzollung eingeführt, die Kapitalbereitstellungsprovision:

Provision für die Benutzung des DHL EXPRESS eigenen Aufschubkontos zum Zwecke der Kapitalbereitstellung für anfallende Steuern und Zölle | 2 % der verauslagten Einfuhrabgaben; mind. 10,00 EUR

Angeblich kann man das ominöse Aufschubkonto dadurch umgehen, dass man bei DHL Express ein Kundenkonto eröffnet und DHL die Abbuchung vom eigenen Bankkonto erlaubt.

Diverses

Praktische Regelungen (Stand Anfang 2014):

  • Geschenke von Privatpersonen bis 45 EUR gehen meist ohne weitere Abgaben durch.
  • Waren bis 150€ sind zollfrei, ab 22€ fallen jedoch 19% Umsatzsteuer an.
  • Einfuhrabgaben von weniger als 5 Euro werden nicht erhoben.
  • ... manchmal hat man einfach Glück. Da hatte der Zoll dann wohl was wichtigeres zu tun.

Merkwürdigkeiten

Gerade bei asiatischen Versendern kann man immer wieder diverse Merkwürdigkeiten erleben

  • Es wird behauptet die Ware sei bereits in Deutschland oder der EU. In Wirklichkeit wird sie dann z.B. aus China versendet und man wird unvorhergesehen mit zusätzlichen Abgaben konfrontiert. Eventuell hilft eine Beschwerde beim Marktplatz über den man gekauft hat.
  • Die Ware enthält eine dubiose (unbekannte Firma, Postfach) Rücksendeadresse in Deutschland.
Der Versender benutzt einen Dienstleiter, der für ihn nicht zustellbare Sendungen einsammelt. Versendet wurde trotzdem aus dem Ausland. Der Dienstleister hinter der Adresse will mit irgendwelchen Problemen bei der Einfuhr nichts zu tun haben.
  • Der Versand dauert lange und der Versender behauptet die Ware liegt beim Zoll.
Das ist eine beliebte Ausrede, die aber nicht stimmt. Der Zoll sammelt keine Ware um sie später zu kontrollieren, sollte man sich beim Zoll langweilen. Der Zoll ist permanent ausgelastet oder überlastet. Der muss sich nichts "aufheben für schlechte Zeiten". Wahrscheinlicher ist dass die Ware (noch) nicht versandt wurde, sie verloren ging, der Spediteur/Kurier überlastet ist und die Ware noch gar nicht beim Zoll vorgeführt hat oder die angeblich per Luftpost versendete Ware noch in irgendeinem Seecontainer auf einem Seelenverkäufer rumdümpelt.
Das man vom Versender mit einer Lüge bedacht wurde, merkt man zum Beispiel dann, wenn die Ware ohne Trackingnummer versendet wurde. Woher will der Versender ohne Tracking wissen, wo sich die Ware gerade befindet?
  • Es kann passieren, dass ein Versender mit seiner lokalen Post versendet und die Auslieferung in Deutschland trotzdem durch einen Kurierdienst und nicht durch die deutsche Post erfolgt - mit für Kurierdiensten üblichen Zusatzgebühren. Beispiel EMS China -> GDSK.
In diesem Fall hat die Post des Absenders aus Kostengründen eine Vereinbarung mit dem Kurierdienst und hat die Sendung an den Kurierdienst übergeben. Der Zoll sieht nur die Einfuhr durch den Kurierdienst und behandelt die Einfuhr entsprechend.
  • eBay bietet für US-Versender einen Dienst an, bei dem ein Dienstleister den Versand nach Deutschland übernimmt (Global Shipping Program). Da viele US-Versender sich bei dem Gedanken an einen Versand ins Ausland ins Hemd scheißen, nehmen sie immer häufiger diese Dienstleistung in Anspruch.
Der Dienstleister wird vom Käufer bezahlt. Die in eBay-Angeboten angezeigten Gebühren sind nur unverbindliche Schätzungen und man verpflichtet sich laut AGB [3] alles zu zahlen was später verlangt wird. Ebenso stimmt man zu, die zolltarifliche Einstufung der Ware durch den Dienstleiter nicht zu hinterfragen. Man liefert sich also auf Gedeih und Verderben dem Dienstleister aus. Hinzu kommt noch, dass der Dienstleister den Transport nicht selbst durchführt, sondern eigenständig einen Kurier aussucht. Man hat also keine Kontrolle darüber mit welchem Kurierdienst die Ware geliefert wird und was der beim deutschen Zoll veranstaltet.
  • Manche Versender übernehmen mit ihren Versandgebühren auch die Umsatzsteuer, Zoll und Kuriergebühren. Leider kommt es immer wieder vor, dass der Kurierdienst sich nicht an die Vereinbarung mit dem Versender gebunden fühlt und trotzdem noch Gebühren für die Vorführung beim Zoll und Zollgebühren verlangt. Der einzige, der einem in so einem Fall helfen kann ist der Versender. Als Empfänger wird man von Kurierdiensten nicht ernst genommen, es lohnt sich nicht mit denen zu diskutieren.

Beschwerden

Kurierdienste, die Post, DHL, etc. sind alle ziemlich immun gegen Beschwerden oder Bitten um Hilfe. Sie haben kein Problem damit Beschwerden hartnäckig zu ignorieren. Was je nach Situation helfen kann:

  • Beim Absender beschweren
Kurierdienste, die Post, DHL etc. nehmen Absender ernster als Empfänger. Aus deren Sicht ist der Absender, nicht der Empfänger, der Kunde.
  • Öffentlich über Facebook oder Twitter beschweren
Aus Gründen, die sie vermutlich nicht einmal selbst kennen, werden die Unternehmen bei öffentlichen Beschwerden über Facebook oder Twitter plötzlich sehr aktiv. So antwortet DHL auf Twitter häufig mit einer speziellen E-Mail Adresse, über die die Beschwerde dann bearbeitet wird, während Beschwerden an DHLs offizielle Serviceadresse unbeantwortet bleiben.

Hilfreiche Links